Mehr Bürgerbeteiligung wagen!
Als vor fast 30 Jahren die politische Wende vollzogen wurde, hatten die Leute Hoffnung, durch Eigeninitiative etwas Großartiges auf die Beine zu stellen. Diese Chance wurde ihnen verwehrt, da — egal was sie sich vorgenommen hatten — alles als unrealistisch abgetan wurde oder ohne Unterstützung zum Scheitern verurteilt war. Diese Erfahrungen prägen.
Die Zeit, darauf zu warten, dass der Staat, das Land oder die Stadt etwas tut, das uns BürgerInnen ein Ausleben unserer Eigeninitiative ermöglicht, ist vorbei. Die Stadt hat ihr Ohr nicht mehr am Mund der Bevölkerung — zumindest hier in Radebeul. Man sieht es an den Beispielen des Ausbaus der Meißner Straße oder des Thomas-Müntzer-Kindergartens, aber auch daran, dass die Digitalisierung immer noch als Bedrohung und nicht als Chance wahrgenommen wird. Stattdessen will man die Friedensburg kaufen und schaffte sich mit dem E‑Werk ein finanzielles Fass ohne Boden an…
Wir brauchen mehr Bürgerbeteiligung, denn genau diese Eigeninitiative ist es, die die Leute wieder am demokratischen Prozess teilhaben lässt. Ich rede dabei nicht von Bürgerbegehren oder ‑entscheiden, denn hier kann die Stadt relativ einfach wieder die Kontrolle gewinnen. Stattdessen müssen wir als Stadt unseren BürgerInnen wieder vertrauen und sie aktiv in die Entscheidungsfindung oder Gestaltung der Stadt einbinden. Nur: Wie tun wir das?
Viele kleinere Gemeinden führen Bürgerhaushalte ein. Für diese wird ein Etat aus dem Stadthaushalt abgestellt, um verschiedene Projekte zu fördern, die auf Eigeninitiative der BürgerInnen umgesetzt werden könnten. Radebeul hat die Light-Version davon. Wir nennen es Stadtteilbudgets. Die Höhe liegt bei 4.000€ für Radebeul-Ost (Radebeul und Oberlößnitz) und Radebeul-West (Kötzschenbroda, Nierlößnitz und Fürstenhain) und bei 2.000€ für Wahnsdorf, Lindenau, Zitzschewig, Naundorf und Serkowitz. Damit lässt sich nicht allzu viel umsetzen, aber wir könnten anfangen, darüber nachzudenken, die Beteiligungsmöglichkeiten daran zu digitalisieren und der Öffentlichkeit zur Abstimmung anzubieten.
Der Zuspruch verrät, dass viele BürgerInnen etwas umsetzen wollen. Genau das sollten wir fördern. Perspektivisch sollten wir uns auf eine Erhöhung der Stadtteilbudgets verständigen, aber im Moment gilt es, erst einmal eine Grundlage für die Beteiligung zu schaffen. Ein Beispiel wäre, dass man eine Website erstellen lässt (mit eigener Domain!), auf der die geplanten Projekte der BürgerInnen vorgestellt werden. Dann kann über diese Projekte abgestimmt werden und die besten davon kommen dann zur Abschlussabstimmung inklusive Vorstellung durch die InitiatorInnen in den Stadtrat, wo sie final den Segen des Stadtrates erhalten.
Das wäre eine Möglichkeit, unseren BürgerInnen mehr Kontrolle über das Stadtleben zurückzugeben. Ich bin mir sicher, dass sie es auch annehmen werden.